Bitt goa sche, schneid ma d’Hoa sche!
Mit Lederschurz, Ringlampe und seinem „Werkzeugkastl“ fährt Dominik Weichinger zu seinen ausschließlich männlichen Kunden im Mostviertel und bietet ihnen Wellness, professionelles Handwerk und ein Wieselburger Bier. Rasiermesserscharf hat der Friseur-Meister erkannt, was echte Kerle wirklich brauchen.
In den 1920er bis 30er Jahren hatten die Herren noch Kämme in der Brusttasche eingesteckt und der Besuch beim Barbier am Sonntag war gang und gäbe. Geht man in der europäischen Geschichte der Barbiere bis ins 8. Jahrhundert zurück, waren diese nicht nur fürs Schneiden des Bartes oder der Haare zuständig, sondern machten auch Zahnextraktionen, Aderlasse oder Blutegel-Behandlungen.
Man ging davon aus, dass einer, der gut mit scharfen Werkzeugen umgehen konnte, auch für kleinere chirurgische Eingriffe geeignet war. Aus diesem Grund hingen vor den Türen der Bartscherer sowohl saubere als auch blutige Tücher zum Trocknen auf einem Pfosten. Wehte der Wind durch die Tücher, dann wickelten sich die weißen und die blutigen Tücher um ihn. Bis heute ist das Symbol für Barbiere deshalb der „Barber Pole“ mit den rot-weißen Streifen. Später wurde ein blauer Streifen ergänzt, der vermutlich durch die Amerikaner beigesteuert wurde, da ihre Flagge Blau beinhaltet. Andere Quellen meinen, die weißen Streifen würden für die Mullbinden, die Roten für das arterielle Blut und die Blauen für das Venöse stehen.
Der heutige Beruf „Damen- und Herrenfriseur“ bietet zwar in der Ausbildung auch das Thema Bärte und Rasur, trotzdem ist Barbier kein eigener Lehrberuf und man muss sich das alte Wissen dazu aus Büchern und in Kursen aneignen.
Gutes Handwerk, gute Gesprächsthemen
Wenn der Barbier Dominik Weichinger aus Neustadtl, der gleichzeitig Friseurmeister, Perückenmacher und Visagist ist, von seiner Leidenschaft erzählt, dann macht sich vor dem geistigen Auge ein Raum auf: Bärtige Männer sitzen vertrauensvoll, in gewohnter Umgebung, mit einem Bier in der Hand vor einem 100 Jahre alten Spiegel, der auf einem hölzernen Schränkchen steht. Dort findet man auch Bartwichse für den Mustache, Pflegeshampoo, verschiedene Scheren, Bartbürsten, Balsam, Conditioner und verschiedene Schneidemaschinen.
Es duftet nach Zedernholz und Zitrone, die Bärte und Frisuren der Männer zeigen den eigenen Wert, den sie nach außen tragen. Hier dürfen sie sein, wer sie sind. Männergespräche führen. Was im Barbershop gesprochen wird, bleibt im Barbershop. Ein Mysterium, das Frauen noch nicht lösen konnten.
Dominik hat vom Lederschurz bis zum Logo und den Internet-Auftritten alles selbst gemacht. Dom’s Barbershop ist authentisch und stilvoll. Der optisch in den 1920er Jahren angesiedelte Chef mit gepflegtem Bart, Hemd und Gilet erfüllt Firmenchefs, Wikingern, Bikergruppen oder Herrenrunden Männerwünsche im Ambiente, das sich die Kunden wünschen: Das kann der eigene Garten sein, das Wohnzimmer, ein Büro, eine Bar, ein Festival oder ein Zelt am Mittelaltermarkt.
Die Werbung für sein Barbier-Geschäft tragen Dom’s Kunden im Gesicht. Und diese erkennen sich manchmal sogar auf der Straße anhand des gepflegten Erscheinungsbildes wieder. „Haare, Bart und Bier“ – so lautet Dom’s Motto.
Kein Bart und kein Kunde sind gleich.
Er will den Männern ein zufriedenes Lebensgefühl mitgeben. „Manche kommen geknickt und mit Problemen. Aber nach einer Stunde bei mir sind sie größer, haben Motivation für den Tag, riechen gut, geben der Frau ein Busserl und sagen stolz: ‘Schau!’“ Genau das treibt mich an. Ich kann ihnen was Gutes tun.
„Schneid a wenig umi, dann wird’s scho pass’n“ – sowas gibt es bei Dominik nicht. Die Frisur und der Bart sollen wie maßgeschneidert sein für den individuellen Charakter und die Gesichtsform. Das typische Friseur-Klischee hat nichts mit ihm zu tun. Die Kunden haben in dieser Zeit, die sie mit ihm verbringen eine innige Beziehung mit dem Barbier. Sie erzählen aus ihrem Leben, sie vertrauen ihm, dass er das Beste aus Bart und Haaren macht.
Dominik denkt aber auch an die Zukunft seines Handwerks: Barbier-Wettbewerbe, Barber-Contests, Meisterschaften, das könne er sich gut vorstellen. Weg vom Konkurrenzdenken und hin zu Mostviertler Friseurtreffen, Modeschauen oder Seminaren für Friseure in ihren eigenen Salons. Das Handwerk des Barbiers näherbringen. „Ich will den jungen Friseuren die Angst vorm Bartschnitt nehmen. Auch Männer wollen gepflegt aussehen, der Bart muss zur Frisur passen. Und ich mag keine Abfertigung, man sollte sich viel Zeit nehmen, ob Barbier oder Kunde.“
Es ist eines der ältesten Gewerbe, das schon im Mittelalter in Europa bekannt war. In traditionellen Barbershops hatten und haben Frauen keinen Zutritt. Der Barbier schafft einen Ort, an dem der Mann abschalten kann, ein kurzes Wellness-Gefühl hat und sich vertrauensvoll hingeben kann. Hier können sich die Männer Tipps und Tricks zur Bartpflege holen.
Dominik wird auch gerne als Highlight für Geburtstage, vor Taufen oder Hochzeiten oder für Firmenfeiern gebucht. Auf meine Frage, ob auch eine Frau zum Barbier darf, lacht Dominik: „Damenbärte kosten extra!“