Dracula also.
Die Geschichte rund um den Unsterblichen inspiriert bis heute. So auch Alexander Pschill und Kaja Dymnicki. Die beiden haben den Roman von Bram Stoker neu aufgerollt und für den Theatersommer Haag aufbereitet. Im Gespräch erzählt der Wiener Regisseur und Schauspieler, warum die Wahl auf diese Kultfigur der Literatur gefallen ist und wo die Story bis heute relevante Themen enthält.
Im Jahr 1897 veröffentlichte Bram Stoker seinen Roman Dracula. Es ist zwar nicht das erste literarische Werk, welches sich mit Vampiren und der Unsterblichkeit beschäftigt, aber dennoch eines der einflussreichsten. Die Geschichte begleitet den Rechtsanwalt Jonathan Harker auf seiner Reise nach Transsylvanien zum Grafen Dracula, welcher nach London übersiedeln will. Neben den beiden spielen die Verlobte von Harker, Mina Murray und der Vampirjäger Abraham van Helsing eine entscheidende Rolle. Diese werden dem Publikum auch in Haag beim heurigen Theatersommer begegnen.
Der Vampirmythos lebt bis heute und lässt auch immer noch moderne Interpretationen zu.
Lupo Grujcic, Christian Dolezal, Alexander Pschill
Auf die Frage, warum gerade Dracula, erklärt Alexander Pschill, dass sowohl ihm als auch seiner Partnerin Kaja Dymnicki der Roman sehr nahe ist und immer gut gefallen hat, daher die Entscheidung nahegelegen ist: „Gerade diese Spielregeln, wie etwa, dass Vampire nur nachtaktiv sind, sich vor allen religiösen Symbolen fürchten und kein Spiegelbild haben, sind den meisten Menschen bekannt, selbst wenn sie Dracula nicht gelesen haben.“ Er erklärt weiter, dass sich dadurch mit diesen Spielregeln gut arbeiten lässt und auch Erwartungen in die Irre führen können.
„Außerdem lässt sich sehr viel in die Geschichte hineininterpretieren und auch neu betrachten“, betont der Regisseur. So ist etwa der Dracula von Haag eine Komödie. Und eine Satire – anders als das Original.
Aber natürlich darf auch der Grusel-Faktor nicht zu kurz kommen. Eines der Hindernisse bei der Planung war, zu berücksichtigen, dass das Stück im Hochsommer gespielt wird und es bei Beginn der Vorstellung noch hell sein wird – undenkbare Verhältnisse für Vampire, die das Tageslicht scheuen. „Da haben wir uns natürlich auch etwas überlegt, um das gut umsetzen zu können“, verrät Alexander. Auch schon verraten hat der Regisseur, dass sehr viel gesungen wird. Es gibt singende Vampire, singende Vampirjäger und getanzt wird auch. Die Musik entsteht in Zusammenarbeit mit Stefan Lasko, der selbst Schauspieler ist. Die Texte kommen von Kaja Dymnicki und Alexander Pschill und die Musik von Stefan Lasko und seinem Kollegen Stefan Galler.
Das Ensemble als Star des Abends
Beim Theatersommer wird weniger auf einzelne, große Stars gesetzt. Stattdessen steht das gesamte Ensemble im Mittelpunkt: Die Charaktere Dracula und Van Helsing als Gegenspieler gibt es natürlich, aber nicht sie alleine tragen das Stück. Alle Beteiligten sollen bis zum Schluss mit Freude dabei sein und niemals unterfordert.
Zum Zeitpunkt des Interviews hat bereits die erste Leseprobe mit den Schauspielerinnen und Schauspielern stattgefunden, die durchaus positive Rückmeldungen für die Neu-Interpretation gegeben haben. Aber das Team Pschill & Dymnicki legt großen Wert darauf, Anmerkungen und Änderungen vom Ensemble einzuarbeiten. Das spiegelt sich auch wider bei der Frage, warum Pschill die Rolle als Regisseur so gut gefällt: „Die Idee, die zuerst nur auf Papier niedergeschrieben ist, dabei zu beobachten, wie sie nach und nach zum Leben erweckt und auf die Bühne gebracht wird, ist etwas ganz Besonderes.“ Die Schauspieler bringen selbst noch eigene Komponenten mit, welche vorab gar nicht so geplant werden können.
Die Erfahrung als Schauspieler hilft Alexander bei der Arbeit entscheidend: „Geduldig und menschlich zu sein, gerade in einer Zeit wie heute, wo es nicht immer mit Geduld und Menschlichkeit zugeht, ist mir sehr wichtig.“ Der Prozess des Theatermachens soll fürs gesamte Team ein harmonischer sein. Er selbst hat sowohl auf der Theaterbühne, als auch auf Filmsets positive wie negative Erfahrungen gemacht und diese fließen sehr stark in seine Arbeitsweise ein.
Rückkehr nach Haag
Dracula ist nicht das erste Stück, das Alexander Pschill als Regisseur in Haag betreut. Bereits 2018 und 2019 inszenierte das Team Shakespeares „Was Ihr wollt“ und „Maß für Maß“. Die Freude, immer wieder nach Haag zurückzukehren, führt Alexander Pschill auf zwei ausschlaggebende Punkte zurück. Zum einen verbindet ihn eine Freundschaft mit Christian Dolezal, dem Intendanten des Theatersommers. Als Gast trat Christian Dolezal öfter im Theater BRONSKI & GRÜNBERG auf, welches Alexander Pschill, Kaja Dymnicki und Julia Edtmeier gemeinsam gegründet hatten. Im genannten Theater besuchten 2016 der ehemalige Intendant von Haag, Gregor Bloeb, und der zukünftige Intendant Christian Dolezal das Stück „Der Spieler“. Es begeisterte die beiden sehr und sie luden daraufhin das Team Pschill & Dymnicki nach Haag ein.
Zum anderen erklärt Alexander Pschill: „Haag hat immer ein unglaublich tolles, aufgeschlossenes Publikum“. Die Besucher lassen sich auf etwas Neues und Unerwartetes ein. Etwas, das nicht selbstverständlich ist, betont der Schauspieler. Gerade im Fernsehen ist das Publikum oft sehr voreingenommen und forciert, dass die gestellten Erwartungen erfüllt werden. In Haag hingegen empfindet Alexander Pschill eine Neugier der Zuschauer. Dies kommt den Theatermachern sehr zu Gute, da mehr Spielraum für neue Ideen und Interpretationen bleibt und nicht konkrete Vorgaben eingehalten werden müssen.
Zur Person:
Alexander Pschill ist ein Wiener Schauspieler und Regisseur. Zusammen mit seiner Partnerin Kaja Dymnicki hat er das Theater BRONSKI & GRÜNBERG in Wien gegründet. Bekannt ist er vor allem für seine Rolle in „Kommissar Rex“, aber auch aus zahlreichen Engagements auf diversen Theaterbühnen. Zuletzt war er etwa in „Der große Diktator“ von Charlie Chaplin im Theater in der Josefstadt zu sehen. Für das Team Dymnicki/Pschill ist Dracula bereits das dritte Stück, welches sie für den Theatersommer Haag vorbereiten.
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Foto © Franziska Liehl
Dem Team Dymnicki & Pschill ist es wichtig, auch immer Botschaften mit ihren Komödien zu vermitteln. Themen wie Sturheit, Voreingenommenheit, Weltunoffenheit kommen im originalen Dracula-Roman vor und müssen nicht lange gesucht werden. „Es geht auch um unterschiedliche Kulturen und darum, dass die Welt eine bessere wäre, wenn diese Kulturen mehr Verständnis füreinander hätten“, erläutert Alexander Pschill. Eine Thematik, die bis heute sehr relevant ist. Eine gute Komödie, so Pschill, verarscht auch das Böse und bekämpft den Faschismus und Missstände in der Gesellschaft.